zwei Jungen sprechen über ein Blechdosen-Telefon miteinander, Sinnbild für: Kunden zuhören, Zielgruppe kennenlernen, Zuhören

Weg mit der Experten-Brille! Warum du deiner Zielgruppe ganz genau zuhören musst

Es war noch ziemlich am Anfang meiner Selbstständigkeit, als ich Wege suchte, um meine Zielgruppe besser kennenzulernen. Ich entschied mich, kleine Strategie-Sessions zu verschenken, um mit meinen „Wunschkundinnen“ ins Gespräch zu kommen. Es war Anfang Dezember, also eine Geschenk-Aktion zum Nikolaus. Aus diesen fünf Gesprächen, die ich verschenkte, baute ich mein Business neu auf. Denn was ich in diesen fünf Stunden erfahren hatte, musste ich einfach umsetzen.

Wenn wir ein Business aufbauen, uns selbstständig machen oder einfach „nur“ anfangen zu bloggen, dann haben wir oft noch nicht so viel Kontakt zu unserer Zielgruppe. Daher kommt es vor, dass wir mit unseren Themen oder Angeboten nicht voll ins Schwarze treffen. Und wenn das passiert, dann erhalten wir auf unseren Content (und dummerweise auch auf unsere Angebote) nur wenig Resonanz und Feedback. Ich möchte dir hier erzählen, warum es wirklich wichtig ist, der Zielgruppe zuzuhören und sie ernst zu nehmen.

Die Experten-Brille ist rosa. Oder sie hat keine Gläser.

Ich glaube, ich habe es schon oft beschrieben: Wir sind die Experten für unser Thema, wir kennen uns aus, fühlen uns sicher, wenn wir darüber reden. Kennen bestimmte Aspekte unseres Themas „wie unsere Westentasche“. Das ist ein Problem, denn unsere Zielgruppe hat dieses Wissen nicht. Unsere Leser stehen an einer ganz anderen Stelle. Sie haben in etwa den Wissensstand, den wir vor drei bis fünf Jahren hatten – je nachdem, ob du ein Thema nur für Anfänger oder (auch) für Fortgeschrittene anbietest.

Für uns aber sind viele Themen banal, klein, langweilig, „zu basic“. Diesen Zahn will ich heute ziehen. Denn wenn du so denkst, dann kann es sein, dass du die wirklich drängenden Probleme deiner Zielgruppe nicht siehst. Welche Fragen werden dir immer wieder gestellt? Sind es Fragen nach großen Sprüngen? Fragen, zu denen du selbst erst recherchieren musst? Ich denke nicht.

Deine Leser/ Fans/ Follower stellen dir immer wieder die gleichen Fragen, oder? Am Anfang merkst du es vielleicht nicht so arg, aber je länger du mit deinem Blog und/oder Business unterwegs bist, umso mehr wird es dir auffallen: Es ist immer Bedarf an einer Handvoll Themen. Und das sind die Themen, um die du dich vorrangig kümmern musst.

Vor den Gesprächen: Was ich dachte, das relevant und lesenswert sei

Ich war noch an der Uni, als ich mich selbstständig gemacht habe. Umgeben von Fachthemen, von dem Stoff, der in den Seminaren gerade dran war. Meine ersten Artikel schrieb ich über die Wirkung von Sprache. Über grammatikalische Besonderheiten. Und auch über Themen wie Diskurse, Kommunikationsmaximen und Populismus.

Alles hochgradig interessante Themen. Nur nicht für die Menschen, die einen Blog starten wollen und überfordert sind, weil sie nicht wissen, wo sie anfangen sollen. Das bemerkte ich aber nicht.

Ich war gefangen in meinem „ich zeige alles was ich kann“ – Modus. Wollte, dass alle sehen, wie toll ich Texte und Gespräche analysieren kann. Und zusätzlich noch meine Themen, die ich als Medientrainerin behandle: Fragetechniken, journalistische Formate, Moderation. Alles sollte auf den Blog.

Wollte bloß keiner lesen.

Als ich anfing zuzuhören, wurde ich eine bessere Bloggerin

Die fünf Gespräche, die ich führte, veränderten meine Arbeit radikal und nachhaltig. Denn ich hatte großes Glück: Jede der Bloggerinnen, mit denen ich sprach, hatte ein anderes Problem, das sie ausbremste. Ich lernte also gleich fünf Grundbedürfnisse meiner Kundinnen kennen.

Sie berichteten mir von Unsicherheiten und Überforderung. Von zu wenig Klarheit, zu wenig Motivation, zu wenig Fokus. Sie erzählten von der Angst, nicht gut genug zu sein beziehungsweise zu schreiben. Von der Angst, zu veröffentlichen und dann der Kritik von anderen ausgesetzt zu sein. Eine Kundin erzählte, dass sie ihre Blogthemen und ihre Angebote nicht zusammenkriegte. Wie sollte sie nur von den Artikeln auf die Kurse verweisen? Eine andere Kundin war extrem unsicher, wie sie die Texte auf der Website gestalten sollte und welche Funktion der Blog eigentlich haben sollte. Es ging um Blockaden und die Unmöglichkeit, am Blog dranzubleiben.

Aber keine fragte mich nach ihrem persönlichen Schreibstil. Denn bevor man besser schreiben möchte, muss man erstmal schreiben. Ich sog die Ansätze aus diesen fünf Gesprächen auf, so viele Notizen wie damals habe ich mir selten in Gesprächen gemacht. Jede der Frauen hatte als nächsten Schritt auf unser Gespräch Material bekommen, um weiterzumachen.

Die Frage war nie „Was brauchst du alles?“, sondern „was ist der nächste logische Schritt?“.


Nur einer. Schritt für Schritt. Denn Überforderung ist eines der häufigsten Probleme überhaupt bei Bloggern, die noch ganz am Anfang stehen.

Aus dem Material, das ich im Anschluss an die Gespräche entwickelte, wurden erste Freebies und Checklisten, die ich im Coaching weiterverwendete. Aus den Notizen wurden meine Basis-Artikel, die ich heute immer noch teile und empfehle. Weil ich genau weiß, dass sie den richtigen Nerv treffen. Weil ich zugehört hatte.

Wie du deine Zielgruppe kennenlernst

Es gibt viele Wege, sich der Zielgruppe, der Persona, dem Wunschleser anzunähern. Es gibt Fragebögen, die dir dabei helfen sollen, zu erkennen, wo deine Wunschleser stehen, was sie bewegt und welche Probleme sie haben. Letztlich sind das aber nur Konzepte. Besser ist es, wenn du deine Zielgruppe wirklich fragst.

Dazu gibt es natürlich auch mehrere Möglichkeiten:

  • Du kannst eine (Online-) Umfrage machen und nach den drängendsten Problemen fragen. Das habe ich mal gemacht, um herauszufinden, wo die meisten meiner Leser wirklich stehen. Denn nicht immer geht es nur um Schreibblockaden und Dranbleiben.
  • Du kannst auch – wie ich – Gespräche verschenken oder Mini-Beratungen anbieten. Sag deinen Kundinnen, das du gern mehr über ihre Situation und ihre Probleme erfahren möchtest, sei transparent. Ich bin mir sicher, dass dir viele helfen möchten und auch davon profitieren.
  • Frag in deinen (sozialen) Netzwerken nach: Du kannst sowohl über Social Media, als auch auf Konferenzen, Meetups und Barcamps mehr über deine Zielgruppe erfahren, wenn du die richtigen Fragen stellst.
  • Frag deine Newsletter-Abonnenten. Die haben sich schon einmal für dich entschieden und sind sicher daran interessiert, dass dein Content noch besser auf sie zugeschnitten wird.

Versuch wirklich, ohne Vorannahmen in die Gespräche zu gehen. Denn nur dann kannst du wirklich aufnehmen, was dir die Menschen erzählen. Und vielleicht wirst du merken, dass sie gar nicht das brauchen, was du dir überlegt hast. Dass du an einer anderen Stelle ansetzen musst.

Wenn das so sein sollte: Freu dich! Du hast jetzt eine Erklärung, warum einige deiner Artikel nicht funktionieren und du hast Ideen, was du besser machen kannst.

Augen und Ohren auf – den Dienstleister-Gedanken im Hinterkopf

Komm weg von dem Trip, du müsstest alles zeigen, was du hast und kannst. Im Gegenteil: Wenn du das machst, überforderst du deine Leser eventuell sogar. Bringst du aber genau die Themen auf den Blog, die gerade nachgefragt werden, hast du schon gewonnen. Denn du schreibst genau die Artikel, die dann auf deine Angebote hinleiten.

Denk dran: Du bist nicht die Show. Du präsentierst sie nur. Und zwar für deine Leser. Nicht für dich selbst. Bloggen ist kein Selbstzweck und du bist Dienstleiter. Jedenfalls dann, wenn du für jemanden schreibst. Bloggen ist ein Gespräch und daher solltest du deinem Gegenüber zuhören.

Je besser du deine Zielgruppe oder Persona kennst, umso besser kannst du auf ihre Bedürfnisse, Fragen und Probleme eingehen. Daher lohnt sich eine intensive Beschäftigung. Finde heraus, wer deine Artikel liest und warum. Und finde auch heraus, welche Wünsche und Impulse zusätzlich gebraucht werden.

Wie gut kennst du deine Zielgruppe? Und hast du schon mal wirklich intensiv und offen zugehört wie ich bei den Gesprächen damals? Vielleicht war das ja genauso augenöffnend für dich wie für mich…

2 Kommentare
  1. Robert Ziege sagte:

    Hallo Anna,
    Ich finde du hast hier einen wichtigen Punkt. Besonders toll fand ich den Satz vom „nächsten wichtigen Schritt“. Wenn wir nur für uns selbst schreiben, ist es sinnlos, weil wir niemanden verändern. Trotzdem reicht es mir nicht, das Bloggen nur als Dienstleistung zu sehen. Wir müssen Menschen in gewisser Weise verändern mit unserer Arbeit. Beim Fragen müssten wir m.E. differenzieren. Du hast recht wir müssen der Zielgruppe zuhören. Andererseits hat Henry Ford mal gesagt: „Wenn ich die Leute gefragt hätte was sich wollen, hätten sie gesagt, schnellere Pferde.“ Wir müssen also unbedingt selbst entscheiden was wir veröffentlichen, nicht die Zielgruppe. Hier die richtige Mischung zu finden, ist für mich ser Schlüssel.

    Grüße Robert

    Antworten
    • Anna Koschinski sagte:

      Hallo Robert,

      ich glaube, da hast du mich falsch verstanden. Ich frage meine Leser nicht, was ich schreiben soll, sondern worüber ich schreiben soll. Um in deinem Ford-Beispiel zu bleiben: Ich frage sie, was sie sich wünschen. Sie sagen: Schnellere Pferde. Und ich sage: Du wünschst dir schnellere Pferde, aber da gibt es nun mal natürliche Grenzen. Daher lass uns doch mal überlegen, welchen anderen Möglichkeiten es noch gibt.

      Es geht nicht darum, dass ich in meinen Ideen eingeschränkt werde, sondern darum, dass ich die Problematik verstehe. Wenn Henry Ford auf den Wunsch nach schnelleren Pferden mit einer Maschine geantwortet hätte, die Beete umgräbt, dann hätte er am Thema vorbei erfunden. Daher plädiere ich dafür, der Zielgruppe zuzuhören und Lösungen anzubieten. Aber eben nicht dafür, die Zielgruppe nach Lösungen zu fragen – dafür bin ja ich da.

      Grüße, Anna

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