Junge Frau am Schreibtisch denkt nach, grübelt. Zerknülltes Papier liegt vor ihr. Wie wichtig ist der erste Satz beim Bloggen? Lesbarkeit beim Bloggen, Textverständlichkeit

Wie wichtig ist der erste Satz beim Bloggen? #10minBlog

„Der erste Satz muss knallen, sonst sind die Leser sofort wieder weg!“, „Schreib den ersten Satz so, dass deine Leser Lust auf den zweiten haben.“, „Ein starker Einstieg ist das Wichtigste, später darf die Informationsdichte abnehmen, denn dann hast du deine Leser ja schon überzeugt.“ Solche Sätze hast du sicher schon oft gelesen und gehört – auch bei mir. Und trotzdem ist diese Frage, die Maren Martschenko alias @zehnbar mir gestellt hat, nicht so eindeutig zu beantworten: Wie wichtig ist der erste Satz beim Bloggen?

   

Du weißt natürlich, dass wir Texte im Web erst einmal eher überfliegen als dass wir sie aufmerksam lesen – „scannen“ nennt man das. Und diese Flüchtigkeit ist noch nicht alles: Bei einem Buch oder einer Zeitschrift hadern wir vielleicht, sie wegzulegen oder auszutauschen. Im Web dagegen haben wir kaum Skrupel, einen angefangenen Text einfach nicht weiterzulesen. Denn im Web ist der nächste Text nur einen Klick entfernt. Daher sind die ersten Worte eines Blogartikels auch so wichtig. Und daher gibt es auch die Fokussierung auf diesen ersten Satz beim Bloggen. ABER…

Der erste Satz beim Bloggen ist wichtig, ABER…

Ein Text ist nicht nur eine Ansammlung von Morphemen, Buchstaben, Wörtern und Satzzeichen. Daher macht es keinen Sinn, einem einzelnen Satz eine solche Prominenz einzuräumen. Denn auch der erste Satz steht im Zusammenhang mit anderen Elementen.

Zunächst einmal: Wenn wir den ersten Satz lesen, hat uns vorher schon etwas anderes überzeugt. Der Titel nämlich und/oder das Titelbild. Eventuell auch der Teasertext auf Social Media. Wir lesen diesen ersten Satz also mit einer Erwartung, die wir durch andere Elemente bereits aufgebaut haben.

Der erste Satz ist jetzt der, der diesen Eindruck bestätigen muss. Aber er muss es nicht allein.

Denn wer schon so überzeugt war, dass er geklickt hat, der liest nicht den ersten Satz, sondern vermutlich den ersten Absatz. Und der sollte logisch aufgebaut, leicht zu lesen und in sich schlüssig sein. In der Linguistik sprechen wir da von Kohärenz (das ist der inhaltliche, logische Zusammenhang) und Kohäsion (so nennt man die Verknüpfung verschiedener Textelemente an der Textoberfläche).

Ich kann also einen Text in sich schlüssig machen, wenn ich die Sätze logisch aneinanderreihe:

 

„Susanne ist verzweifelt. Sie hat eine Schreibblockade.“


Die beiden Sätze haben erst einmal nichts miteinander zu tun, aber als Leser verstehen wir, dass der zweite Satz die Erklärung, die Ursache für Susannes Verzweiflung darstellt. Der Zusammenhang ergibt sich durch unser Weltwissen. Das ist Kohärenz, es ist leicht zu verstehen.

Oder ich kann die Verbindung in einem Text durch Kohäsionsmittel noch stärker machen, zum Beispiel durch Konjunktionen.

 

„Susanne hat eine Erkältung. Sie geht ins Büro.“


Hier ergibt sich der Zusammenhang nicht sofort, daher ist es sinnvoll, die Verbindung sprachlich zu verstärken:

 

„Obwohl Susanne erkältet ist, geht sie ins Büro.“


Durch die Konjunktion „obwohl“ müssen wir nicht überlegen, in welchem Zusammenhang die Sätze stehen. Die Verbindung ist sofort klar. Und das ist es, worum es geht. Das ist mehr als der erste Satz beim Bloggen. Es ist ein starker, in sich schlüssiger Text.

Dein Text soll mühelos verstanden werden

Unser Leseverhalten ist online anders als offline. Daher sind logische Brüche und inkonsistente Texte problematisch für die Leser. Sie stolpern, müssen sich anstrengen, um zu verstehen, was du ihnen sagen willst. Daher ist es so wichtig, Texte leicht lesbar und leicht konsumierbar zu schreiben. Hier geht es nicht um große Kunst, sondern um Einfachheit.

An den Beispielen oben siehst du, wie leicht du logische Zusammenhänge herstellen oder unterstützen kannst. Lies deinen Text, bevor du ihn veröffentlichst. Und prüfe deine Absätze auf Lesbarkeit, also im Grunde auf Kohärenz.

Ein Gedanke pro Satz, ein Thema pro Absatz. Entwickle dein Thema Stück für Stück. Dann bleiben deine Leser bei dir – im besten Fall bis zum Schluss.

Der erste Satz ist wichtig, aber er steht immer im Zusammenhang mit dem Rest des Textes. Daher achte darauf, dass du nicht nur Energie in die Formulierung des ersten Satzes legst, sondern auf die Gesamtkonzeption des Textes. Wenn ein Absatz konsistent und leicht lesbar ist, dann haben alle Sätze eine Funktion. Der erste Satz gibt immer einen Eindruck davon, was deine Leser im Absatz finden können.

Du kannst also einen „schwachen“ ersten Satz ausgleichen, wenn der Leser schnell durch den Text fliegt und dort alle Informationen findet, die er sucht. Wenn allerdings der gesamte erste Absatz nicht packt, dann hat der Text ein Problem. Denn dann sind Leser nur schwer wieder zurückzuholen.

Denk auch die anderen Elemente mit!

Du siehst also: Ein guter Aufbau ist Gold wert. Und letztlich müssen andere Elemente ja bereits vor dem ersten Satz überzeugend genug sein, dass deine Leser auch wirklich klicken.

Für einen klickstarken Titel brauchst du schon mal ein paar Anläufe. Ein aussagekräftiges Bild unterstützt deinen Artikel, wenn es in der Timeline auffällt. Und ein interessanter Teaser lockt deine Leser an, sodass sie den ersten Satz des Artikels bereits mit einer freudigen Erregung lesen werden.

Bloggen ist ein Zusammenspiel aus vielen Elementen. Wenn die gut aufeinander aufbauen, muss nicht eines der Elemente unfassbar stark sein. Also: Ja, ein starker erster Satz ist super. Aber er macht noch keinen konsistenten, leicht lesbaren Text. Gestalte deinen Text einfach und denk daran, dass die Sätze logisch aufeinander aufbauen.

2 Kommentare
  1. Beatrice Krammer sagte:

    Hallo Anna,
    danke für diesen, übrigens leicht zu konsumierenden, Artikel. Man merkt, dass du lebst, was Du empfiehlst! Für mich ist es wichtig, diese Dinge erst im zweiten Schritt zu überprüfen, um im Schreibefluss zu bleiben. Aber wie bei allem … eine Übungssache.
    Liebe Grüße
    Beatrice

    Antworten
    • Anna Koschinski sagte:

      Liebe Beatrice,

      na klar, wie du es umsetzt ist ganz individuell. Ich mach das meist direkt beim Schreiben, aber das ist von Mensch zu Mensch und von Schreibstrategie zu Schreibstrategie unterschiedlich. Gut, wenn du dich so gut kennst, dass du dann im zweiten Schritt darauf achtest 🙂

      Und danke fürs Lob – genau, ich lebe das und ich steh voll dahinter. Kein Marketing-Blabla.

      Liebe Grüße
      Anna

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