Kritik am Blog, lohnt sich Bloggen noch, darf ich das überhaupt schreiben?

Darf ich das überhaupt schreiben? Und was, wenn keiner liest?

Ein Post auf Social Media. Das Thema: Tod. Unser Umgang mit der eigenen Endlichkeit. Und eine Einleitung in das Thema: „Darf ich über dieses Thema überhaupt schreiben? Wirst Du weiterlesen?“ Die Autorin Inge Schumacher hatte wohl das Gefühl, sie müsse ihrem Thema einen sicheren Rahmen geben. Eine Trigger-Warnung vielleicht. Das ist nicht verkehrt – gerade auf Twitter leiten viele ihre Themen mit „CN Tod“ oder „CN Gewalt“ ein, um Menschen vor den Triggern zu warnen. Aber sich grundsätzlich zu fragen, ob ein Thema geschrieben werden darf? Das muss nicht sein. Denn wenn es dich beschäftigt, ist es relevant.

Gerade „Tabuthemen“ (wer bestimmt das?) werden gern mal umschifft in den Mainstream-Medien oder den gute-Laune-Netzwerken. Das könnte ja jemanden abstoßen, das ist kein gutes Thema. Wirklich? Wer sagt denn das? Klar, es ist persönlich. Klar, es macht was mit Lesern. Und ich hatte ja schon an anderer Stelle geschrieben, dass du nicht bestimmen kannst, was der Leser aus deinen Texten mitnimmt. Aber sich deswegen zurückhalten? Hier mein Plädoyer, mehr über „unbequeme“ Themen zu schreiben. Es kann nur gut werden!

1. Was ist denn eigentlich „tabu“?

Es gibt Themen, die in der Beliebtheitsskala nicht so sehr weit oben stehen. Krankheiten und Tod gehören vielleicht dazu, weil sie einem nicht sofort ein wohliges Gefühl vermitteln. Aber das ist ja auch nicht der Sinn und Zweck von Content. Mehrwert kann ja bekanntlich ganz unterschiedlich aussehen.
Der Leser…

  • fühlt sich unterhalten, hat Spaß.
  • bekommt eine Inspiration, die ihn in Verbindung mit seinen eigenen Referenzerfahrungen bringt.
  • findet Informationen, die er gesucht hat.
  • bekommt Ideen für die Lösung eines Problems präsentiert (Recherche und Antrieb für eine Verbesserung der Situation).
  • ist getriggert, emotional angesprochen, berührt.
  • geht mit dem Text mit und hat ein schönes Erlebnis.
  • lernt dich als Blogger besser kennen (Beziehungsaufbau und Neugier).
  • bekommt Informationen, um sich eine Meinung zu einem Thema bilden zu können.
  • kann sich mit dem Autor/der Heldin/dem Helden identifizieren und bekommt so Zugang zu sich selbst und den eigenen Ressourcen.
  • bekommt eine starke Meinung präsentiert und kann sich daran reiben bzw. mitgehen / fühlt sich bestätigt und angenommen.

Wenn du dir die Liste anschaust, dann kann das potenziell jedes Thema sein. Ein guter Indikator für die Relevanz eines Themas: Es beschäftigt dich selbst und mindestens eine weitere Person.

Themen wie Tod, Krankheit, Verbrechen, Missbrauch, Sucht oder Gewalt machen uns auf den ersten Blick vielleicht Angst. Aber sie sind real, gehören zu unserer Gesellschaft, zum Leben dazu. Und schon sind sie relevant. Hier zu inspirieren und aufzuklären ist definitiv Mehrwert.

2.Was auffällt, gewinnt

Das Internet ist voll von den immer gleichen (oft falsch zugeordneten) Zitaten, Sprüche-Bildchen und netten, manchmal lehrreichen Geschichten. Sie werden immer und immer wieder reproduziert, weil Menschen dafür gern ein Like dalassen. Es ist leicht, das kennen sie, es inspiriert sie, erinnert sie. Es ist ungefährlich, hier eine Reaktion zu hinterlassen. Aber spannend ist es ab dem fünften Mal nicht mehr.

Daher heißt es auffallen, anders sein als all die anderen. Das geht über Bilder, Farben, Geschichten. Aber auch über Themen. Und gerade die, über die sonst keiner spricht, fallen auf.

Und vor allem bleiben sie in Erinnerung. Als etwas Besonderes. Etwas, das es nicht auf jedem zweiten Profil gibt.

3. Menschen sehnen sich nach authentischen Themen, nach echten Menschen

Aufmerksame Leser werden spüren, wenn du eine wahre Geschichte erzählst, die nicht nur für Klicks und Reichweite entstanden ist. Das leider überstrapazierte Wort „Authentizität“ ist hier der Schlüssel. Ich denke, das ist auch der Grund, warum meine Geschichten oft ankommen. Sie sind wahr. Sie sind echt, nicht geschönt. Manchmal gekürzt, aber das ist erlaubt.

Trau dich, neue Formate und Themen auszuprobieren. Wenn’s nicht klappt, machst du einfach weiter. Aber wenn du es nicht probierst, wirst du nie hören, ob deine Thema nicht doch relevant für viele Menschen ist.

Zurück zum Post: Die Diskussion und die Rückmeldungen

„Darf ich mehr solcher Artikel zu schwierigen Themen schreiben oder sollte ich das lieber lassen – und warum?“, fragt die Autorin. Und es antworten innerhalb der ersten 8 Stunden über 40 Menschen auf die Frage. Alle positiv, alle dankbar, dass das Thema in ihrem Feed aufgetaucht ist.

Wenn sich jemand daran gestoßen hat, dann erfahren wir es hier jedenfalls nicht. Ich glaube, wir dürfen mutiger sein mit unserem Content. Die klassische Idee von Content ist überholt. Mit bloßer Information locken wir nur noch selten Menschen hinter dem Ofen hervor. Menschen wollen unterhalten und berührt werden. Inspiriert. Und informiert. Sie wollen Austausch und Verbindungen. Hier die Balance zu finden, ist unsere Aufgabe. Aber mit Mut. Für neue Wege.

Worüber wolltest du schon immer schreiben, hast dich aber zurückgehalten, weil du denkst, das Thema sei unpassend?

   
2 Kommentare
  1. Oliver Herbert sagte:

    Nicht nur das Thema ist schwierig sondern mir fehlen oft die passenden Worte es in einer ansprechenden Form auch zu erzählen, zB bei Gefühlen oder Niederlagen

    Antworten
    • Anna Koschinski sagte:

      Wirklich? Kann ich mir bei dir gar nicht vorstellen, lieber Oliver… Ich habe dich als guten Erzähler erlebt, der spannend und auch emotional berichten kann. Ist es vielleicht einfach nur dem Medium geschuldet? Viele Menschen verkrampfen, wenn sie Geschichten aufschreiben sollen, dabei haben sie eigentlich ein intuitives Verständnis davon, wie Erzählen funktioniert… Müssten wir mal drüber sprechen!

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