Selbstständigkeit: Die Freiheit, Leben und Arbeit zu gestalten

Als ich mich Ende 2014 selbstständig gemacht habe, war das nicht so sehr eine wohlüberlegte Entscheidung, sondern ein Versuch, mich selbst und meinen Junior, der damals knappe 6 Monate alt war, über Wasser zu halten. Alleinerziehend, im Studium, ohne Zeit, ohne Geld und sehr, sehr fremdbestimmt. Die Selbstständigkeit bot mir Freiheit, nämlich den frei gestaltbaren Rahmen, meine Arbeit so zu gestalten, wie es zu uns und unserem Leben passte. Ich mache die Regeln, treffe die Entscheidungen, trage aber auch die Konsequenzen. Ein gutes Konzept?

Einer meiner wichtigsten Werte – neben Unabhängigkeit und Gerechtigkeit – ist Freiheit. Was ich damit verbinde, ist geprägt durch viele Faktoren. Etwa meine Sozialisation, meine Erziehung, mein Erleben, meine Erfahrungen, mein angesammeltes Weltwissen, …

Und so muss dieser Begriff auch eingeordnet werden. Denn was ich als Freiheit empfinde, muss für andere nicht das gleiche bedeuten. Und gerade in der heutigen Welt, in der der Freiheitsbegriff so sehr strapaziert wurde und wird, ist dieses Thema nicht ganz leicht für Content-Produzenten. Aber interessant ist es allemal, denn das individuelle Konzept der Freiheit in diesem Spannungsfeld zu verorten, liefert eben auch Mehrwert.

Frei in der Gestaltung von Arbeit

Als Alleinerziehende mit Baby und Studium hätte ich vermutlich einen sehr netten Chef oder eine sehr zuvorkommende Chefin gebraucht, wenn ich mich hätte anstellen lassen wollen. Denn ganz ehrlich: Keine praktische Erfahrung (abgesehen von meiner Arbeit beim Radio und als freie Medientrainerin), dazu fast gar keine Zeit. Und Flexibilität? Da konnte ich nur laut lachen.

Da bot mir die Selbstständigkeit immerhin die Möglichkeit, frei zu entscheiden, wie viele Projekte ich bearbeite, wann ich die Arbeit erledige und auch wo. Abends und nachts von zuhause aus, später tagsüber von der Uni aus, als Junior einen Platz in der Uni-Kita hatte. Es waren zwar nur wenige Stunden am Anfang, aber immerhin Stunden ohne die Gefahr, dass Junior wach wird und ich deswegen unterbrechen muss.

Ich hatte die Freiheit, meine Arbeit immer genau so zu organisieren, dass sie zu meinem Alltag passte. Junior wurde älter – ich ließ ihn länger in der Kita. Ich schrieb meine Abschlussarbeit – arbeitete in dieser Phase weniger an meinem Business. Junior hatte eine schlechte Phase, in der er noch schlechter schlief als sowieso schon – ich organisierte meine Arbeitszeit um. Immer genau so, wie mein Leben es erforderte. Das fühlte sich sehr nach Freiheit an.

Frei in der Gestaltung von Alltag

Ich will das natürlich nicht verklären: Es war nicht nur schön, sondern irre anstrengend. Und klar, wenn man seine Prioritäten so setzt, dann wächst man nicht schnell und verdient auch nicht gerade viel Geld. Aber auch das empfinde ich als Freiheit, denn ich habe die Möglichkeiten, auch mit wenig Geld zu überleben.

Ich habe die Möglichkeiten, günstig an erforderliche Waren zu kommen, zu vergleichen, zu recherchieren. Und ich habe hier in Bielefeld die Logistik, dass ich zum Beispiel nicht auf ein teures Auto angewiesen bin. All das macht frei, denn ich bin nicht auf einen hohen Lebensstandard angewiesen.

Dazu ein unterstützendes Netzwerk, das mir die Freiheit gab, ab und zu mal auf Veranstaltungen zu gehen, wichtige Termine wahrzunehmen und auch mal Freizeit zu haben. Das ist nicht zu unterschätzen, denn ein Kind macht Alltag viel fremdbestimmter, als man sich vorstellt. Ich zumindest konnte es mir nicht vorstellen, bevor ich Mutter war.

Frei in der Gestaltung von Fortschritt

Ich habe meine Selbstständigkeit neben meinem Studium und meiner Aufgabe als alleinerziehende Mutter aufgebaut. Das hat natürlich auch das Tempo beeinflusst. Jetzt könnte man sagen „das ist doch dann aber nicht frei entschieden, sondern musste so sein“. Aber ich sehe es genau andersrum. Ich habe mir die Freiheit genommen, es in genau dem Tempo zu machen, das ich anhand meiner Ressourcen für angemessen und machbar hielt.

Ich habe mir diese Freiheit genommen, obwohl es Stimmen gab, die mir einreden wollten, ich nähme mein Business nicht ernst, mache es falsch, würde eh nie „Erfolg“ damit haben (was immer das bedeuten mag).

Auch habe ich mir die Freiheit genommen, mit ganz wenig Wachstum weiterzulaufen, weil es für mich ausreichend war. Als ich die Wahl hatte zwischen mehr Zeit fürs Business und mehr Zeit für mich und meine Freizeit, habe ich Freizeit gewählt. Ich glaube, ich wäre über kurz oder lang ausgebrannt, hätte ich den anderen Weg gewählt. Mit wenig auskommen kann also auch frei machen. Es bedeutet eben nicht Faulheit oder mangelnden Ehrgeiz.

Frei in der Gestaltung des Wegs

Wie ich meine Selbstständigkeit aufgebaut habe, war natürlich begrenzt durch meine finanziellen und zeitlichen Ressourcen und dementsprechend fremdbestimmt. Aber auch hier habe ich mir Freiheiten genommen. Zum Beispiel die Freiheit, Services und Angebote nicht mehr anzubieten, obwohl sie finanziell lohnenswert waren. Das war vielleicht wirtschaftlich nicht clever, aber für mich als Kreative wichtig und wertvoll auch für meine persönliche Entwicklung.

Ich habe mir auch erlaubt, meine Positionierung nicht allzu spitz zu machen und sie immer wieder auszuweichen, wenn ich Lust auf eines meiner anderen Themen habe. Für mich ist es Freiheit, zu sagen: So mache ich Marketing, so verkaufe ich und so lege ich meine Preise fest, auch wenn andere das nicht verstehen. Ich bin anders als die anderen.

Meine Aktion 28 Tage Content war drei Jahre lang ein Freebie. Ich habe also völlig kostenlos 4 Wochen im Jahr Wissen, Beratung, Feedback und Motivation an meine Community verteilt. Sehr intensiv, sehr fordernd. Seit 2019 kostet es einen kleinen Betrag. Der ist aber eher eine Art Energie-Ausgleich, damit ich in der Zeit nicht noch zusätzlich massiv Aufträge annehmen muss. Reich werde ich damit jedenfalls nicht – es wirkt eher auf einer anderen Ebene.

Zusätzlich erlaube ich mir, Projekte zu machen, die mir gar kein Geld bringen und bei denen ich das auch nicht plane. Der Verbindung schaffen – Podcast zum Beispiel ist so ein Projekt. Da geht es um Verbindung, aber der hat nichts mit meinem Thema zu tun und ich pitche auch nicht. Er bringt mir vielleicht auf Umwegen Interessenten, weil die mich sympathisch finden, aber andere würden das vielleicht für Zeitverschwendung halten. Für mich ist es Freiheit.

Frei in der Gestaltung von Bloggen

Es gibt so viele Anleitungen da draußen, wie bloggen sein soll, wie es funktioniert, wie es erfolgreich ist. Aber auch da nehme ich mir die Freiheit, es anders zu machen. Mein Blog ist nicht perfekt, nicht bis ins Detail optimiert und es sind immer wieder Artikel drauf, die nur am Rande mit meinem Thema zu tun haben. Aber es ist mein Blog, ich mache hier die Regeln.

Das spannende daran ist aber: Meine Leser und Leserinnen finden das nicht fürchterlich unattraktiv und diese Artikel verhindern auch nicht, dass ich über Google gefunden und angefragt werde. Ich kann nur jedem empfehlen, die große Freiheit zu nutzen, die ein eigener Blog bietet.

Es ist unser Content, unsere Bühne. Wir entscheiden, worüber wir schreiben, wie wir schreiben und wann wir schreiben. Und ob wir Ausnahmen machen, den Redaktionsplan links liegenlassen, einfach mal spontan einen Text veröffentlichen. Ohne SEO, ohne großes Konzept.

Vielleicht sogar einen literarischen Text auf einen sonst fachlichen Blog zu packen, einfach so, weil wir es können und wollen. Freiheit.

Wo die Freiheit endet

Meine individuelle Freiheit kann ich in diesem kleinen Rahmen ausleben. Denn meine Freiheit behindert ja niemanden. Ich ecke manchmal an, passe mit meiner Idee von Leben nicht in bestimmte Gruppen hinein. Aus anderen schließe ich mich selbst aus, weil ich sie als unpassend oder behindernd empfinde. Da beißen sich Ansichten und Vorstellungen von Welt – und von Freiheit.

Aber solange ich darauf achte, niemanden zu beschränken in seiner Freiheit, lebe ich sehr gut mit meinem freien Denken, Schreiben, Arbeiten und Leben.

Welche Freiheit nimmst du dir? Schreib mir gern einen Kommentar direkt hier im Blog, dann bleibt er erhalten für andere Leser*innen, die hier auch später noch vorbeikommen.

3 Kommentare
  1. Lisa sagte:

    Sehr inspirierender Artikel! Es ist toll zu sehen, dass du den Mut gefunden hast, deinen eigenen Weg zu gehen und dich selbstständig zu machen. Die Freiheit, die du jetzt hast, ist unbezahlbar und ich bin sicher, dass viele Menschen von deiner Erfahrung und deinem Wissen profitieren werden. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg auf deiner Reise und dass du noch viele Menschen inspirieren kannst, ihre Träume zu verfolgen.

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  2. Sabine sagte:

    Nach nagender Unsicherheit, was den Inhalt meines Beitrags der letzen Blognacht angeht, ist dein Text genau das, was ich grade brauche! Fühlt sich an wie Apfelkuchen mit Sahne! Mein Blog, meine Regeln, meine Bühne!
    Danke fürs erden!
    Liebe Grüße aus dem Mausloch

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  3. Margaretha Schedler sagte:

    Liebe Anna,
    wie gut, dass Du Dir die Freiheit für Dein Leben auf die Fahne geschrieben hast. Ich kann Dich darin nur bestätigen. Auch meine Welt geht ohne, dass ich mir meine Freiheit nehme wo immer es geht überhaupt nicht. Dafür bin ich meinem Mann sehr dankbar.
    Danke für den Impuls „Es ist mein Blog, ich mache die Regeln!“ Das fühlt sich so super an.
    Wie gut, dass wir in Verbindung sind.
    Dein Superfan
    Margaretha

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