Das hätte ich gerne eher gewusst

Es gibt so viele gute Ratschläge für Menschen, die sich selbstständig machen, von der passenden Strategie, den passenden Wissensquellen bis hin zur richtigen Art und Weise, wie man Preise festlegt und Kunden findet. Aber all das kann auch total verwirren und überfordern. In meinem 9. Jahr Selbstständigkeit lege ich mich auf eine Sache fest: Das hätte ich gern eher gewusst.

Vor zwei Jahren, im Sommer 2021, hatte ich bereits auf dem Blog von Beate Mader 5 Tipps für mein gründendes Ich aufgeschrieben. In dem Artikel findest du zum Beispiel Hinweise, warum ich mich gern mehr getraut hätte von Anfang an, dass ich mir gern sicherer gewesen wäre und ich mich zu viel mit anderen verglichen habe. Damals, als ich noch ganz am Anfang stand.

Aber heute möchte ich über einen Aspekt schreiben, der mir am Dienstag in der #Netzwerkliebe klargeworden ist. Denn da sprachen wir über die fließenden Übergänge von persönlichem zu beruflichem Netzwerken und darüber, dass bei freundschaftlich gestalteten Arbeitsbeziehungen manchmal der Wunsch entsteht, die Leistung des anderen irgendwie gesondert zu entlohnen. Freundschaftsdienste also, die man annimmt, aber irgendwie das Gefühl hat, das stimme so nicht, da müsse es doch eine Gegenleistung geben.

Ich habe auch für viele Bekannte und Freunde gearbeitet und Freundschaftspreise aufgerufen, aber dass das für die andere Seite nicht stimmig sein könnte, darüber habe ich nie nachgedacht. Daher möchte ich heute darüber schreiben. Über das Geben und Nehmen.

Als Kundin wollte ich keinen Freundschaftspreis

Anfang 2019 hatte ich mich entschieden: Ich wollte endlich professionelle Bilder von mir für meine Website und Social Media haben. Mirjam Kilter und ich waren damals zusammen in einer Mastermind-Gruppe und ich mochte ihren Style – also fragte ich sie, ob sie auch mit mir arbeiten würde.

Sie stimmte zu und bot mir einen Freundschaftspreis an. Weil wir uns ja gut kannten und uns regelmäßig über unser Business austauschten. Sie wollte mir fast 50 % der Kosten erlassen.

Mein erster Impuls war: Auf gar keinen Fall! Und so kommunizierte ich das auch. Ich wollte den vollen Preis, die ganze Mirjam, alles, was andere auch bekamen. Und so machten wir es auch.

Am Ende war ich glücklich, als ich die fertigen Bilder bekam und auch, als ich die Rechnung bekam. Denn gute Arbeit darf ihren Preis haben. Und hey, ich nutze die Bilder immer noch gern 🙂

Als 28 Tage Content noch ein Freebie war…

Meine Aktion 28 Tage Content ist Anfang 2018 aus einer Diskussion auf Facebook heraus entstanden und war ursprünglich ein kostenloses Gruppenprogramm. Schnell erdacht, schnell umgesetzt, schnell Interessenten gesucht… Ich wollte einfach nur testen, was passiert, wenn Menschen gemeinsam schreiben. Ans Verkaufen dachte ich damals noch gar nicht.

So war das in den ersten drei Jahren von 28 Tage Content auch weiterhin: Ich bekam zwar die E-Mail-Adressen, aber sonst hatte dieses 4-wöchige Programm keinen Gegenwert bei den Teilnehmer*innen. Und das war für mich vollkommen okay.

Für manche Teilnehmerinnen war es das aber nicht. Die erkannten den Wert der Aktion und wollten mir gern etwas zurückgeben. Besonders zum Ende der Aktion kamen vermehrt Anfragen, womit sie mir eine Freude machen könnten, ob ich ein PayPal Spendenkonto hätte, ob sie mir etwas schicken dürften. Manche machten das auch einfach. Einige schickten Karten, andere kleine Päckchen.

Es war toll, aber für mich unverständlich. Ich hatte kein Spendenkonto und fand es auch nicht nötig, dass die Teilnehmerinnen mich irgendwie entlohnen wollten. Einige schickten mir dann Gutscheine, weil ich ihnen ja sonst keine Möglichkeit bot. Ich freute mich darüber, aber verstand nicht, warum ihnen das so wichtig war. Für mich war das eine kostenlose Aktion, die mir Reichweite verschaffte.

Ein ähnliches Erlebnis hatte ich nach einem Kaffee-Date, das ich über LinkedIn vereinbart hatte. Eigentlich ging es nur um zwanglosen Austausch, aber ich hatte mir vorab das Profil meiner Gesprächspartnerin angeschaut und Optimierungspotenzial gesehen. Die Punkte, die mir aufgefallen waren, gab ich ihr im Gespräch mit. Sie bedankte sich… und ein paar Tage später kam eine Karte mit einem größeren Schein drin. Sie sah meine Tipps nicht als Freundschaftsdienst, sondern als Beratung und wollte das bezahlen.

Für mich war das wieder unverständlich, denn es war kein Aufwand für mich und ich dachte, ich könnte ihr damit einfach helfen. Lange habe ich nicht verstanden, warum dieser Gegenwert so wichtig war – dabei hatte ich als Kundin ja genauso reagiert.

Kein PayPal Spendenkonto, aber ein Trinkgeld-Glas

Als erstes hatte ich es bei Carina Schimmel gesehen, das kleine digitale Trinkgeldglas, das am Ende ihrer Geldgedanken-E-Mails platziert war. Über die Plattform Ko-fi kann man ganz einfach kleinere Beträge spenden – zum Beispiel, um sich für wertvollen Content, Engagement oder sonstige Hilfe zu bedanken. Man kann damit Projekte unterstützen oder einfach mal einen freundlichen Gruß dalassen.

Ich brauchte noch eine ganze Weile, bis ich die Verknüpfung von „jemand möchte sich vielleicht für deinen Content bedanken“, meinen Ideen zum Thema Gegenwert und dem virtuellen Trinkgeldglas dann umsetzte.

Aber seit ein paar Wochen gibt es dieses Glas jetzt, meine Kaffeekasse. Das passt auch ganz wundervoll zu meinem Bezahl-Konzept von 28 Tage Content, das ja mittlerweile den Gegenwert von 28 Tassen Kaffee (plus Waffeln) hat.

Und vielleicht gibt es ja noch mehr Menschen, die meine kostenlosen Angebote nutzen und danke sagen wollen? Immerhin gibt es ja

Wenn mich jetzt mal wieder jemand fragt, ob er oder sie mir etwas Gutes tun kann, dann kann ich einfach den Link schicken. Es muss nicht sein, aber es darf sein. Denn nur weil ich etwas kostenlos anbiete, heißt das nicht, dass die andere Seite nichts geben möchte. Das habe ich verstanden. Dank Ko-fi gibt es jetzt ganz niedrigschwellig die Möglichkeit, Danke zu sagen.

Und ja, das hätte ich gern eher verstanden. Nicht so sehr, um mehr Geld zu haben, sondern weil ich es jetzt im Rückblick empfinde, als hätte ich einige meiner Kundinnen nicht ernst genommen. Ihren Impuls, etwas zurückzugeben. Danke an alle, die aus diesem Grund Päckchen, Kaffee, Schoki, Puzzle, Spiele, Bücher, Karten und Gutscheine geschickt haben. Ich habe mich über jedes einzelne Geschenk gefreut und bewahre sie alle bis heute auf. (Na ja, den Kaffee habe ich getrunken und die Schoki hat Junior gegessen.)

Was hättest du gern eher gewusst oder verstanden? Und bist du auch jemand, der oder die gern etwas zurückgibt?

3 Kommentare
  1. Ramona Richter sagte:

    Hi Anna, gut, dass ich nun weiß, dass es die Kaffeekasse gibt. Gleichwohl macht es mir viel Freude, etwas Besonderes zu finden, so wie das gute Olivenöl und das „Lecker-Schmecker-Paket“ für meinen Retter bei allen möglichen Homepage-Nöten. Ich überlege noch ein wenig. Liebe Grüße, Ramona aus der Sonne.

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  2. Eva sagte:

    Liebe Anna, wirklich verblüffend, wie ähnlich unsere Themen und die Umsetzung sind. Ich finde die Sache mit der Entlohnung bzw. dem Zurückgeben ist wie ein Kreislauf, ein Geben und Geben. Auf beiden Seiten wird das Habenkonto aufgefüllt. Tatsächlich macht es Freude, das Trinkgeldglas aufzufüllen. Die Anerkennung richtet sich auf Person, Werk, Arbeit. Das Schönste an Ko-fi.com: Der Regen von Herzchen und Kaffeetassen! Ich wünsche dir ganz viele davon Herzliche Grüße Eva

    Antworten
    • Anna Koschinski sagte:

      Ja, als ich deinen Beitrag gelesen hab, hatte ich erst gedacht, du wärst auch in der Netzwerkliebe gewesen. Erst später ab ich dann gecheckt, dass es bei dir ein anderer Gedanke war. Aber ich finde es toll! Viele haben diese Themen mit Geld und ja, Content ist meist kostenlos – das ist ja auch gut so. Aber eine Möglichkeit anzubieten, dass andere auch etwas geben können, finde ich wirklich wichtig. Habe das nur lange nicht kapiert. (Danke für deinen Regen aus Herzen und Kaffee )

      Herzliche Grüße
      Anna

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